+++ Work­shop 3: Dis­kri­mi­nie­rungs­er­fah­run­gen in der pfle­ge­ri­schen Ausbildung +++

Kon­zep­ti­on und Mode­ra­ti­on des Work­shops wur­den über­nom­men von: Dr. Petra Nari­ma­ni und Jane Sai­di (Inter­na­tio­nal School of Nur­sing GbmH) aus Berlin

Ziel des Work­shops war es, indi­vi­du­el­le Erfah­run­gen aus­zu­tau­schen, um sich den kom­ple­xen The­men­fel­der rund um das The­ma Dis­kri­mi­nie­rung zumin­dest zu anzu­nä­hern.
Begon­nen wur­de mit einem aus­führ­li­chen Input der Direk­to­rin der Inter­na­tio­nal School of Nur­sing in Ber­lin (ISNB), Jane Sai­di. Aus dem Input erga­ben sich direk­te Fra­gen an Frau Sai­di, aber auch indi­vi­du­el­le Erfah­rungs­be­rich­te der Teilnehmenden.

Wel­che kon­kre­ten Anfor­de­run­gen stellt die Schu­le an Sprach­kom­pe­ten­zen?
Die for­ma­le Vor­ga­be eines B2/C1-Zer­ti­fi­kats wird erfüllt. Spra­che ist nicht allein das Erler­nen von Wör­tern, son­dern wird vor allem bestimmt von einem Gefühl für ein Land und des­sen Art, sich aus­zu­drü­cken. Dies funk­tio­niert aber nur, wenn Men­schen, die der deut­schen Spra­che zunächst ein­ge­schränkt mäch­tig sind, ein­be­zo­gen, wert­ge­schätzt und nicht dis­kri­mi­niert wer­den. Für die Schu­le spielt die Spra­che eine eher unter­ge­ord­ne­te Rol­le. Im Fokus steht die indi­vi­du­el­le Person.

Wie alt sind die Aus­zu­bil­den­den und wel­che Erfah­run­gen brin­gen sie mit?
Die Aus­zu­bil­den­den sind der­zeit zwi­schen 18 und 57 Jah­ren alt. Sie gehö­ren unter­schied­lichs­ten Reli­gio­nen an, kom­men aus unter­schied­li­chen sozia­len Klas­sen und Umfel­dern und haben unter­schied­li­che Schul­ab­schlüs­se. Ein erheb­li­cher Anteil der Aus­zu­bil­den­den hat eine abge­schlos­se­ne Hoch­schul­bil­dung. Eini­ge kom­men aus rei­chen Eltern­häu­sern, ande­re aus Kriegs- oder Kri­sen­ge­bie­ten. Die Aus­zu­bil­den­den brin­gen einen Reich­tum an Res­sour­cen und eine emo­ti­ons­ge­tra­ge­ne Vor­stel­lung von Pfle­ge mit.

Wie sehen die inno­va­ti­ven und ange­pass­ten Unter­richts­me­tho­den aus?
Alle The­men­be­rei­che und Prü­fun­gen ent­spre­chen den Vor­ga­ben der Senats­ver­wal­tung für Gesund­heit. Der Unter­richt ist auf Viel­falt aus­ge­rich­tet und för­dert indi­vi­du­el­le Stär­ken. Durch regel­mä­ßi­ge Refle­xio­nen sowohl des Unter­richts als auch der prak­ti­schen Erfah­run­gen kön­nen Defi­zi­te schnell erkannt und ange­gan­gen wer­den. Jede Klas­se bestimmt ihren eige­nen Pro­zess. Geach­tet wird vor allem auf Viel­falt in den ein­zel­nen Klas­sen, wodurch alle Deutsch spre­chen und ihre Unter­schied­lich­keit akzep­tie­ren müssen.

Erken­nen von Dis­kri­mi­nie­rung oder Vor­ur­tei­len auf allen Sei­ten
Ins­be­son­de­re bei der kom­ple­xen Fra­ge nach dem Erken­nen von Vor­ur­tei­len zeig­te sich, dass noch sehr viel Gesprächs­be­darf besteht und gro­ße Unsi­cher­hei­ten in Bezug auf einen Umgang mit der­ar­ti­gen The­men vor­herrscht. Eine Lösung kann nur gefun­den wer­den, wenn alle gemein­sam und gleich­be­rech­tigt betei­ligt wer­den.
Häu­fig wird die Fra­ge gestellt, wie mit isla­mi­schen Män­nern umzu­ge­hen sei. Nach Erfah­run­gen der Schu­le wer­den mus­li­mi­sche Män­ner per se als „Paschas“, als frau­en­feind­lich oder als Ter­ro­ris­ten ange­se­hen. Eine Teil­neh­me­rin berich­tet von einem mus­li­mi­schen Pfle­ge­schü­ler, der sich gewei­gert habe, Essen mit Schwei­ne­fleisch zu ver­tei­len. Hier müs­sen, so die Mei­nung aller Teil­neh­men­den, kla­re Gren­zen gezo­gen wer­den; denn pro­fes­sio­nel­les Han­deln sei obers­tes Gebot. Unter­schied­li­che sexu­el­le Ori­en­tie­run­gen in der Schu­le rufen unter den Aus­zu­bil­den­den anfangs Irri­ta­tio­nen bis hin zu hef­tig vor­ge­tra­ge­ner Ableh­nung her­vor. Dis­kri­mi­nie­rung ist kei­ne Ein­bahn­stra­ße. Der­ar­ti­ge Dis­kus­sio­nen wer­den solan­ge geführt, bis eine für alle Sei­ten akzep­ta­ble Lösung gefun­den wurde.

Ängs­te
Berich­tet wird, dass man Angst habe, Fra­gen zu stel­len, weil man dadurch jeman­den ver­let­zen kön­ne. Auch zeigt sich Ver­un­si­che­rung über die unter­schied­li­chen Begriff­lich­kei­ten und die Viel­zahl der im Work­shop ange­spro­che­nen Pro­ble­me. „Was ist falsch? Was ist rich­tig? Alles ist rela­tiv. Ich bin ver­wirrt. Was soll ich tun?“ Die bei­den für den Work­shop Ver­ant­wort­li­chen den­ken, dass die Angst, etwas falsch zu machen oder zu tun, auf bei­den Sei­ten besteht. Auch die Aus­zu­bil­den­den haben gro­ße Ängs­te. Die Fra­ge nach falsch oder rich­tig lässt sich nur beant­wor­ten, wenn mit­ein­an­der gespro­chen wird.

Ergeb­nis­se des Work­shops
Bevor Pro­ble­me im Zusam­men­hang mit Dis­kri­mi­nie­rung ange­gan­gen wer­den kön­nen, müs­sen die­se zunächst erkannt, ver­stan­den und tie­fer ergrün­det wer­den; denn Dis­kri­mi­nie­rung tritt in vie­len unter­schied­li­chen For­men auf. Dis­kri­mi­nie­rung oder Mob­bing in der eige­nen Ein­rich­tung darf die Lei­tung nicht dul­den. Hier ist kon­se­quen­tes Han­deln gefragt. Wir alle müs­sen uns zum Sprach­rohr der Poli­tik machen und uner­müd­lich auf Miss­stän­de und dis­kri­mi­nie­ren­des Ver­hal­ten hin­wei­sen. Das sei müh­sam, aber nötig.
Abschlie­ßend stel­len die Teil­neh­men­den fest, dass alle im Work­shop ange­spro­che­nen Punk­te vor­ran­gig mit einer (feh­len­den) Kom­mu­ni­ka­ti­on zu tun haben. Häu­fig erwächst Dis­kri­mi­nie­rung schlicht aus Miss­ver­ständ­nis­sen oder einem feh­len­den Aus­tausch. Wir müs­sen in Dia­log mit­ein­an­der tre­ten. Wir brau­chen Gesprä­che. Wir müs­sen uns gegen­sei­tig zuhö­ren. Wir müs­sen Ver­trau­en mit- und inein­an­der auf­bau­en; denn das ist die Vor­aus­set­zung für eine gute Zusam­men­ar­beit und Qua­li­tät in der Pflege.