Viele Menschen auf dem deutschen Arbeitsmarkt – darunter auch viele Geflüchtete – verfügen über keinen Berufsabschluss. Aufgrund jahrelanger praktischer Berufserfahrung bringen sie jedoch ähnliche Fertigkeiten mit wie Personen mit einer Berufsausbildung.
Nun besteht die Möglichkeit, diese praktischen Kompetenzen sicht- und nachweisbar machen. Seit dem 1. Januar 2025 besteht unter bestimmten Voraussetzungen ein Anspruch auf Feststellung der beruflichen Handlungsfähigkeit – also von konkreten berufsspezifischen Kompetenzen, die durch reine Berufserfahrung abseits formaler Bildungswege erlernt wurden.
Zuständig für die hierfür erforderlichen Validierungsverfahren sind die jeweilige Handwerks‑, Landwirtschafts- oder Industrie- und Handelskammer (§ 50b BBiG).
Diese stellen auf Antrag die individuelle berufliche Handlungsfähigkeit am Maßstab eines bestimmten anerkannten Ausbildungsberufs (Referenzberuf) fest. Bei erfolgreichem Abschluss des Validierungsverfahren kann entweder eine vollständige oder eine überwiegende Übereinstimmung mit den für die Ausübung des Referenzberufs erforderlichen Kompetenzen bescheinigt werden (§ 50c Abs. 3 S. 1 und 2 BBiG). Erste Anlaufstelle ist immer die Kammer vor Ort. Einige von ihnen haben sich jedoch entschieden, die Durchführung des Feststellungsverfahrens auf andere Kammerbezirke zu übertragen.
Am Validierungsverfahren kann teilnehmen, wer:
- im Referenzberuf keinen Berufsabschluss hat und auch keine Feststellung der Gleichwertigkeit nach dem Berufsqualifikationsfeststellungsgesetz vorweisen kann,
- nicht in einem Berufsausbildungsverhältnis im Referenzberuf steht,
- mindestens 25 Jahre alt ist,
- mindestens das 1,5‑fache der üblichen Ausbildungsdauer als Berufserfahrung im Referenzberuf vorweisen kann und
seinen Wohnsitz in Deutschland hat oder mindestens die Hälfte der notwendigen Berufserfahrung in Deutschland erworben hat.
Das Validierungsverfahren wurde zuvor im Rahmen des Projekts »ValiKom« entwickelt und erprobt. Ziel war es, berufsrelevante Kompetenzen, die außerhalb des formalen Bildungssystems erworben wurden, zu bewerten und zu zertifizieren.
Mit diesem neuen Instrument kann die Position von Menschen ohne Berufsausbildung auf dem Arbeitsmarkt erheblich verbessert werden. Vor allem bei Stellenwechseln war es bislang problematisch, konkrete berufspraktische Kompetenzen nachzuweisen. Dieses Problem kann durch das neue Zertifizierungsverfahren gelöst werden. Weiterführende Informationen erhalten Sie über die Websites der Kammern, z.B. hier für die IHK Braunschweig.