Im Vortrag von Marco Hahn wurde aus dem Schulalltag und von den Herausforderungen in der Berufsfachschule Paulo Freire berichtet, in der unterschiedlichste Menschen mit und ohne Fluchterfahrung der Einstieg in das sozialpflegerischen Berufsfeld ermöglicht wird.
Die im Jahr 2012 gegründete Berufsfachschule Paulo Freire arbeitet unter dem Dach des „Zentrum ÜBERLEBEN“. Die Zentrum ÜBERLEBEN gGmbH setzt sich seit mehr als 30 Jahren national und international für Überlebende von Folter und Kriegsgewalt ein. Die Hilfesuchenden erhalten medizinische, psychotherapeutische, sozialarbeiterische und integrative Unterstützung. Um Sprachbarrieren im transkulturellen Beratungs- und Behandlungssetting zu überwinden, arbeitet das Zentrum mit speziell geschulten Sprach- und Kulturmittelnden zusammen. Neben der Rehabilitation von traumatisierten geflüchteten Menschen steht auch die Integration und berufliche Qualifizierung bis hin zur gesellschaftlichen Teilhabe von Menschen mit unterschiedlichen Flucht- und Migrationserfahrungen im Mittelpunkt der Arbeit.
Darüber hinaus liegt eine langjährige Erfahrung und Expertise in der Fort- und Weiterbildung von Fach- und Führungskräften vor. Die schulische Arbeit unter dem Dach eines psychosozialen Zentrums für Geflüchtete und Migrant*innen ermöglicht es die Lebenswelt ihrer Schüler*innen optimal berücksichtigen zu können. Die Schule besitzt damit bislang ein Alleinstellungsmerkmal in Deutschland.
Bedürfnisorientierte Bildungsarbeit
An der Berufsfachschule Paulo Freire lernen Menschen unterschiedlichster Herkunft mit und ohne Fluchterfahrung. Die Angebote der Berufsfachschule stehen allen geeigneten und motivierten Menschen offen, die sich langfristig im sozialpflegerischen Berufsfeld einbringen möchten. Die Schule bietet eine zweijährige staatlich anerkannte Ausbildung zum/zur Sozialassistent*in (einschließlich der Möglichkeit, den mittleren Schulabschluss nachzuholen), Pflegebasiskurse als auch – verknüpft mit einer pflegerischen Grundqualifizierung – die Möglichkeit, den Schulabschluss (BBR) nachzuholen. Alle Bildungsangebote sind auf die besonderen Bildungsbedürfnisse von Geflüchteten und Migrant*innen zugeschnitten.
Das Ziel der Berufsfachschule Paulo Freire ist es, berufsqualifizierende Ausbildungen anzubieten und zugleich — aufbauend auf positiven Bildungserfahrungen — Anreize dafür zu schaffen, eigenverantwortlich weitere Qualifizierungsschritte zu unternehmen. Die Berufsfachschule Paulo Freire leistet damit einen Beitrag dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken und motivierten, fachlich geeigneten Personen Wege in Ausbildung und Arbeit anzubieten, die nicht zuletzt auch über verschiedene Sprachkenntnisse oder transkulturelle Kompetenzen verfügen. Dazu bedarf es zielgruppenspezifischer Förderung durch zusätzliche Bausteine wie Sprachförderung, Nachhilfe, Beratung und Begleitung, welche obligatorische Bausteine des schulischen Angebotes darstellen.
Ressourcen fördern! Rassismus überwinden!
Die Berufsfachschule Paulo Freire setzt sich einerseits für die Förderung der Ressourcen und Kompetenzen ihrer Klientel ein und engagiert sich anderseits für die Etablierung transkultureller Ansätze im Bildungs- und Gesundheitsbereich. In diesem Zusammenhang entstand im Auftrag des Bundesministeriums für Gesundheit die e‑learning Plattform Vielfalft Pflegen. Ziel der Lernplattform ist die Förderung transkultureller Kompetenzen im deutschsprachigen Raum von Pflege-(fach)personal. Aktuell beginnt die Berufsfachschule in Kooperation mit der wissenschaftlichen Abteilung des Zentrum ÜBERLEBEN das Projekt „Transkulturelle Öffnung in der Pflege“. Das Modellprojekt des Bundesministeriums für Gesundheit zielt auf die nachhaltige Überwindung von Rassismus im Gesundheitswesen ab. Das Projekt arbeitet mit angehenden Pflegekräften und deren Ausbildungsinstitutionen zusammen und versucht, anhand wissenschaftlicher Methoden Stellhebel zu identifizieren und wirksame Interventionen abzuleiten, um zu mehr Transkulturalität und Diversität in der Gesundheitsversorgung beizutragen.