In der öffentlichen Wahrnehmung gelten steigende Erwerbsquoten von Geflüchteten oft als Beispiele für eine gelungene Integration und gesellschaftliche Teilhabe. Eine Studie des Soziologischen Instituts Göttingen (SOFI) unterzieht diese gängigen Erfolgserzählungen nun einer kritischen Analyse. Die verhältnismäßig hohen Erwerbsquoten bei Geflüchteten beschreiben die Forscher*innen dabei als Resultat eines Zielkonfliktes.
Dadurch, dass der Gesetzgeber die Verbesserung der Chancen auf ein Aufenthaltsrecht für Geflüchtete, deren Asylverfahren (noch) nicht zu einer Anerkennung geführt hat, an eine umfassende Arbeitsbereitschaft geknüpft hat, ergebe sich eine Art Teufelskreis: viele — auch hochqualifizierte – Geflüchtete nehmen eine Beschäftigung im Niedriglohnsektor mit oft problematischen Arbeitsbedingungen auf. Dies führe zwar zu steigenden Erwerbsquoten, die aus Integrationsperspektive wesentlich nachhaltigeren Schritte in Spracherwerb oder Ausbildung blieben jedoch aus. In Verbindung mit prekären Wohn- und Lebenssituationen führt dies den Autor*innen zu Folge zur Verfestigung einer „mehrfachen Prekarität“.
Die Studie kommt zu dem Ergebnis, dass unter diesen Voraussetzungen „eine mangelnde gesellschaftliche Teilhabe von Geflüchteten durch die Aufnahme von Erwerbsarbeit nicht vermindert, sondern [sogar] verstärkt“ wird. Grundlage der Studie sind qualitative Betriebsfallstudien im Rahmen des Projekts „Refugees at Work“ der Universität Göttingen.