+++ Aktu­el­le Stu­di­en räu­men mit gän­gi­gen Migra­ti­ons­my­then auf +++

In den von Poli­tik und Medi­en geführ­ten Migra­ti­ons­de­bat­ten domi­nie­ren oft Halb­wahr­hei­ten. Wir möch­ten in die­sem Zusam­men­hang auf zwei aktu­el­le Stu­di­en hin­wei­sen, die sich mit zwei gän­gi­gen Migra­ti­ons­my­then dif­fe­ren­ziert aus­ein­an­der­set­zen und damit zur Ver­sach­li­chung des öffent­li­chen Dis­kur­ses bei­tra­gen können.

Mythos 1: „Sozi­al­leis­tun­gen wer­den genutzt um Aus­lands­über-wei­sun­gen zu tätigen“

Einer der wesent­li­chen Grün­de für die Ein­füh­rung der sog. Bezahl­kar­te für Asyl­su­chen­de und ande­rer Per­so­nen, die Leis­tun­gen nach dem Asyl­be­wer­ber­leis­tungs­ge­setz erhal­ten, war, dass die Über­wei­sung von Sozi­al­leis­tun­gen ins Aus­land unter­bun­den wer­den soll­te. Erst vor weni­gen Tagen hat nun Nie­der­sach­sen die ers­ten Bezahl­kar­ten ver­teilt. For­schen­de des Deut­schen Insti­tuts für Wirt­schafts­for­schung (DIW) sehen jedoch eine Schief­la­ge in der Debat­te um die Ein­füh­rung des elek­tro­ni­schen Zahlungsmittels.

Aus einer kürz­lich ver­öf­fent­lich­ten DIW-Stu­die geht dem­nach her­vor, dass ledig­lich sie­ben Pro­zent aller Geflüch­te­ten Geld ins Aus­land sen­den - bei sin­ken­der Tendenz.

Basie­rend auf reprä­sen­ta­ti­ven Haus­halts­be­fra­gun­gen des Sozio-öko­no­mi­schen Panels (SOEP) hat die Stu­die Aus­lands­über­wei­sun­gen von Zuge­wan­der­ten mit und ohne Flucht­hin­ter­grund seit 2013 unter­sucht. Dabei kam her­aus, dass der Anteil der Geflüch­te­ten, die Geld ins Aus­land sen­den, seit­dem von 13 auf 7 Pro­zent gesun­ken sei. Bei Zuge­wand­ten ohne Flucht­hin­ter­grund habe der Anteil der­weil von 8 auf 12 Pro­zent zuge­nom­men. Laut DIW lie­ge die Wahr­schein­lich­keit, dass Geflüch­te­te Geld ins Aus­land über­wei­sen, sogar um 2,7 Pro­zent­punk­te nied­ri­ger als bei Deut­schen ohne Migra­ti­ons­hin­ter­grund.

Und so kommt Stu­di­en­au­to­rin Adria­na R. Car­do­zo, wis­sen­schaft­li­che Mit­ar­bei­te­rin beim SOEP, zu dem Schluss: „Die poli­ti­sche Debat­te spie­gelt also über­haupt nicht die Rea­li­tät wider.“

Mythos 2: „Die Kom­mu­nen sind durch die Ver­sor­gung und Unter­brin­gung von Geflüch­te­ten überlastet“

Der Inte­gra­ti­on von Geflüch­te­ten auf kom­mu­na­ler Ebe­ne wid­met sich ein For­schungs­pro­jekt des Insti­tuts für Demo­kra­ti­sche Ent­wick­lung und Sozia­le Inte­gra­ti­on (DESI). Im Rah­men des Pro­jekts wur­de eine bun­des­wei­te Online-Befra­gung unter den Kom­mu­nen durch­ge­führt. Die Ergeb­nis­se zeich­nen ein sehr hete­ro­ge­nes Bild der Situa­tio­nen vor Ort. Zwar befin­den sich laut eige­nem Bekun­den ca. ein Drit­tel aller Kom­mu­nen in einem „Kri­sen­mo­dus“ und fünf Pro­zent in einem „Not­fall­mo­dus“ in Bezug auf die Belas­tung durch die Auf­nah­me von Geflüch­te­ten. Aller­dings bezeich­net rund die Hälf­te aller Kom­mu­nen (47 %) die Situa­ti­on als „her­aus­for­dernd, aber mach­bar“. Etwa jede zehn­te Kom­mu­ne beschreibt die gegen­wär­ti­ge Lage als „teil­wei­se her­aus­for­dernd, aber (noch) ent­spannt. Eine gene­rel­le Über­las­tung der deut­schen Kom­mu­nen durch die Ver­sor­gung von Geflüch­te­ten lässt sich auf Grund­la­ge die­ser Befun­de jedoch ganz sicher nicht ablei­ten.

Beson­de­re Her­aus­for­de­run­gen stel­len für die Kom­mu­nen u.a. ins­be­son­de­re die Wohn­raum­ver­sor­gung sowie das man­geln­de Ange­bot an sowie die feh­len­de finan­zi­el­le Aus­stat­tung von Deutsch­kur­sen dar. Ein wich­ti­ger Erfolgs­fak­tor für die Kom­mu­nen, die die Auf­nah­me von Geflüch­te­ten bis­lang rela­tiv gut bewäl­ti­gen konn­ten, ist laut der Stu­die die enge Ver­zah­nung und die koope­ra­ti­ve Zusam­men­ar­beit der Kom­mu­nal­ver­wal­tung mit Akteu­ren der Zivil­ge­sell­schaft, frei­en Trä­gern sowie in Tei­len auch mit ehren­amt­li­chen Struk­tu­ren.