4.06 Kön­nen Dritt­staats­an­ge­hö­ri­ge mit einem Stu­di­en­ab­schluss eine Blaue Kar­te EU erhalten?

Eine Blaue Kar­te EU nach § 18g Auf­ent­halts­ge­setz muss erteilt wer­den, wenn die fol­gen­den Vor­aus­set­zun­gen erfüllt sind. Der Vor­teil einer Blau­en Kar­te EU besteht u.a. dar­in, dass sie die kurz- und lang­fris­ti­ge Mobi­li­tät inner­halb der EU erleich­tert (§§ 18h; 18i Auf­ent­halts­ge­setz). Die Blaue Kar­te EU wird für vier Jah­ren erteilt. Wenn das Arbeits­ver­hält­nis auf einen kür­ze­ren Zeit­raum befris­tet ist, wird sie für die­sen kür­ze­ren Zeit­raum zuzüg­lich drei­er Mona­te erteilt.

Qua­li­fi­ka­ti­on

a) Fach­kraft mit aka­de­mi­scher Ausbildung

Als „Fach­kraft mit aka­de­mi­scher Aus­bil­dung“ müs­sen die Arbeitnehmer*innen ver­fü­gen über

  • einen deut­schen Hoch­schul­ab­schluss oder
  • einen aner­kann­ten Hoch­schul­ab­schluss (bei regle­men­tier­ten Beru­fen) oder
  • einen aus­län­di­schen Hoch­schul­ab­schluss, der einem deut­schen Hoch­schul­ab­schluss ver­gleich­bar ist (bei nicht regle­men­tier­ten Berufen).

Für die Tätig­keit in regle­men­tier­ten, aka­de­mi­schen Beru­fen ist die Aner­ken­nung des aus­län­di­schen Hoch­schul­ab­schlus­ses durch die zustän­di­ge Stel­le zwin­gend erfor­der­lich; in der Regel erfolgt dies mit der Ent­schei­dung über die Berufs­aus- übungs­er­laub­nis. Regle­men­tier­te, aka­de­mi­sche Beru­fe sind beruf­li­che Tätig­kei­ten, die nach den gesetz­li­chen Rege­lun­gen nur auf­ge­nom­men oder aus­ge­übt wer­den dür­fen, wenn bestimm­te Berufs­qua­li­fi­ka­tio­nen vor­han­den sind, zum Bei­spiel der Arzt­be­ruf. Die Aner­ken­nung kann im Rah­men des beschleu­nig­ten Fach­kräf­te­ver­fah­rens erfolgen.

Bei nicht regle­men­tier­ten Beru­fen besteht zum Nach­weis der Ver­gleich­bar­keit mit einem deut­schen Hoch­schul­ab­schluss die Mög­lich­keit einer indi­vi­du­el­len Zeug­nis­be­wer­tung durch die Zen­tral­stel­le für aus­län­di­sches Bil­dungs­we­sen. Zudem kön­nen die Bewer­tungs­emp­feh­lun­gen der Zen­tral­stel­le für aus­län­di­sches Bil­dungs­we­sen genutzt wer­den, die unter https://anabin.kmk.org/anabin.html  zugäng­lich sind.

b) Abschluss eines ter­tiä­res Bildungsprogramm

Die Ertei­lung eine Blau­en Kar­te EU ist auch mög­lich für Per­so­nen, die ein ter­tiä­res Bil­dungs­pro­gramm erfolg­reich­ab­ge­schlos­sen haben,

  • das mit einem Hoch­schul­ab­schluss gleich­wer­tig ist und
  • min­des­tens drei Jah­re Aus­bil­dungs­dau­er erfordert,
  • wenn die­se Qua­li­fi­ka­ti­on
    - einem Bachelor‑, Mas­ter- oder Pro­mo­ti­ons­ab­schluss ent­spricht oder
    - der Stu­fe 6 des Euro­päi­schen Qua­li­fi­ka­ti­ons­rah­mens zuge­ord­net ist.

Das sind ins­be­son­de­re Abschlüs­se von Bil­dungs­pro­gram­men, die Techniker*innen, Fachwirt*innen, Meister*innen, Erzieher*innen oder Heilerziehungspfleger*innen gleich­wer­tig sind.

c) Füh­rungs- und Fach­kräf­te in der Infor­ma­ti­ons- und
  Kommunikationstechnologie

Die Ertei­lung eine Blau­en Kar­te EU ist auch mög­lich für Füh­rungs- und Fach­kräf­te in der Infor­ma­ti­ons- und Kom­mu­ni­ka­ti­ons­tech­no­lo­gie,die über Fer­tig­kei­ten, Kennt­nis­se und Fähig­kei­ten verfügen,

  • die auf einer in den letz­ten sie­ben Jah­ren erwor­be­nen, min­des­tens drei­jäh­ri­gen Berufs­er­fah­rung in einem Beruf beruhen,
  • deren Niveau mit einem Hoch­schul­ab­schluss oder einem Abschluss eines mit einem Hoch­schul­stu­di­um gleich­wer­ti­gen ter­tiä­ren Bil­dungs­pro­gramms ver­gleich­bar ist, und
  • die für die Aus­übung der Beschäf­ti­gung erfor­der­lich sind.


Arbeits­platz­an­ge­bot
Zudem benö­ti­gen Arbeitnehmer*innen ein kon­kre­tes Arbeits­platz­an­ge­bot für eine ihrer Qua­li­fi­ka­ti­on ange­mes­se­ne Beschäf­ti­gung für eine Beschäf­ti­gungs­dau­er von min­des­tens sechs Mona­ten in Deutsch­land. Eine ggf. vor­ge­se­he­ne Pro­be­zeit ist als Teil der Beschäf­ti­gungs­dau­er anzu­se­hen. Zur Suche nach einem Arbeits­platz kann unter bestimm­ten Vor­aus­set­zun­gen eine Auf­ent­halts­er­laub­nis nach § 20 Abs. 1 Aufenthaltsgesetz

Arbeits­platz­wech­sel
Für Inhaber*innen einer Blau­en Kar­te EU ist hier­für kei­ne Erlaub­nis der Aus­län­der­be­hör­de erfor­der­lich. Sie sind aller­dings wäh­rend der ers­ten zwölf Mona­te seit der Auf­nah­me der Beschäf­ti­gung mit der Blau­en Kar­te EU ver­pflich­tet, der Aus­län­der­be­hör­de jeden Wech­sel des Arbeit­ge­bers und jede Ände­rung mit­zu­tei­len, die Aus­wir­kun­gen auf die Erfül­lung der Vor­aus­set­zun­gen für die Ertei­lung einer Blau­en Kar­te EU hat. Die Aus­län­der­be­hör­de kann in die­sen Fäl­len den Arbeits­platz­wech­sel für 30 Tage aus­set­zen und inner­halb die­ses Zeit­raums ableh­nen, wenn die Vor­aus­set­zun­gen für die Ertei­lung einer Blau­en Kar­te EU nicht vorliegen.

Kei­ne Ableh­nungs­grün­de
Eine Blaue Kar­te wird nicht an Arbeitnehmer*innen erteilt,

  • die sich in einem EU-Mit­glieds­staat als Asyl­su­chen­de auf­hal­ten
  • die sich in einem EU-Mit­glieds­staat als vor­über­ge­hend Schutz­be­rech­tig­te auf­hal­ten oder dies bean­tragt haben
  • deren Abschie­bung in einem aus tat­säch­li­chen oder recht­li­chen Grün­den aus­ge­setzt wur­de
  • die eine Erlaub­nis zum Dau­er­auf­ent­halt– EU oder einen Auf­ent­halts­ti­tel besit­zen, der durch einen ande­ren EU-Mit­glieds­staat auf der Grund­la­ge der Dau­er­auf­ent­halts­richt­li­nie erteilt wurde
  • die ein Recht auf frei­en Per­so­nen­ver­kehr genie­ßen, das dem von Unionsbürger*innen gleich­wer­tig ist
  • die einen Auf­ent­halts­ti­tel nach §§ 22 – 26 Auf­ent­halts­ge­setz (außer nach § 25 Abs. 1 oder 2 Auf­ent­halts­ge­setz) besit­zen oder über eine ver­gleich­ba­re Rechts­stel­lung in einem ande­ren EU-Mit­glieds­staat ver­fü­gen oder bean­tragt haben
  • deren Ein­rei­se in einen EU-Mit­glieds­staat Ver­pflich­tun­gen unter­liegt, die sich aus inter­na­tio­na­len Abkom­men zur Erleich­te­rung der Ein­rei­se und des vor­über­ge­hen­den Auf­ent­halts bestimm­ter Kate­go­rien von natür­li­chen Per­so­nen, die han­dels- und inves­ti­ti­ons­be­zo­ge­ne Tätig­kei­ten aus­üben, herleiten
  • in einen EU-Mit­glieds­staat zuge­las­se­ne Saisonarbeitnehmer*innen, wobei eine Blaue Kar­te für eine ande­re Beschäf­ti­gung erteilt wer­den kann
  • die im Rah­men von Ent­sen­de­ar­beit in Deutsch­land tätig sind, für die Dau­er ihrer Ent­sen­dung nach Deutschland.

Für Per­so­nen, die sich in einem EU-Mit­glieds­staat als aner­kann­te Schutz­be­rech­tig­te auf­hal­ten, besteht also kein Ableh­nungs­grund mehr.

Gehalt
a) Regel­fall
Das Gehalt muss­min­des­tens 50 % der jähr­li­chen Bei­trags­be­mes­sungs­gren­ze in der all­ge­mei­nen Ren­ten­ver­si­che­rung betra­gen, d.h. 2024: 3775,00 € pro Monat.

b) Aus­nah­me
Ein Gehalt von nur min­des­tens 45,3 % der jähr­li­chen Bei­trags­be­mes­sungs­gren­ze in der all­ge­mei­nen Ren­ten­ver­si­che­rung, d.h. 2024: 3420,15 € pro Monat muss vor­lie­gen bei Personen,

ACHTUNG:In die­sen Fäl­len wer­den zusätz­lich die Arbeits­be­din­gun­gen geprüft.

Die­se Arbeitnehmer*innen dür­fen nicht zu ungüns­ti­ge­ren Arbeits­be­din­gun­gen als ver­gleich­ba­re deut­sche Arbeitnehmer*innen beschäf­tigt wer­den (sog. Beschäf­ti­gungs­be­din­gungs­prü­fung). Das bedeu­tet, dass die Arbeit­neh­mer­schutz- geset­ze beach­tet und min­des­tens der Tarif­lohn, der Bran­chen­min­dest­lohn oder der orts­üb­li­che Lohn gezahlt wer­den müs­sen.
Leih­ar­beit ist nicht möglich.

Rechts­grund­la­gen:§§ 18; 18g; 18; 19f Abs. 1 und 2; 39; 40 Auf­ent­halts­ge­setz; § 3 Abs. 5 Berufsqualifikationsfeststellungsgesetz.